2011年7月21日 星期四

Yang Tianhui: Notizen zu meinem Besuch im Fuzi Anbaugebiet in der Grafschaft Zhangming (Song Dynastie, 1099 n.u.Z.)

Ubersetzt von Heiner Fruhauf
Deutsche Ubersetzung Markus Goeke

Der folgende Text ist eine der detailliertesten pra-modernen Beschreibungen der traditionellen Kultivierung von medizinischem Aconitum in China. Er wurde vor mehr als 900 Jahren von einem fur die Grafschaft Zhangming verantwortlichen Beamten aus Sichuan verfasst. Zhangming liegt im Gebiet des heutigen Bezirks Jiangyou, dem Epizentrum des jungsten Erdbebens in Sichuan und wurde von allen antiken Gelehrten der Materia Medica als das einzige Gebiet betrachtet, aus dem echtes chinesisches Aconitum bezogen werden sollte.

Gelegen nahe der Auslaufer des Himalaja wurde Aconitum in diesem sehr speziellen Gebiet des nordlichen Sichuan seit der Han-Dynastie (vor 2000 Jahren) kultiviert. Die wild wachsenden Aconitumsamlinge wurden traditionell auf den umliegenden Hugeln gesammelt und wahrend der Wintersonnenwende in Feldern nahe des Fujiang-Flusses angepflanzt. Eine Kombination aus der einzigartigen Geographie dieser Region und der mineralischen Verbindungen in Flusswasser und Boden scheint verantwortlich zu sein fur das Wachstum von Aconitumknollen, die 2-4mal groser, sicherer und gleichzeitig wirksamer sind als anderswo. Nur 10% der heutigen Aconitumernte stammt aus dieser Region, aber praktisch das gesamte Aconitum Chinas wird hierher transportiert, um das Siegel ?Echtes Jiangyou Fuzi“ zu erhalten bevor es auf den Markt kommt. Yang Tianhuis lebendige Darstellung ist ein Zeugnis dafur, dass Aconitum aus Zhangming/Jiangyou schon vor der Song-Dynastie als der Qualitatsstandard fur medizinisches Aconitum gegolten hat. Gleichzeitig zeichnet er ein klares Bild der Kunstfertigkeit, mit der medizinisches Wutou, Fuzi und Tianxiong kultiviert worden waren.

Funfzig Prozent der Produktion des echten Jiangyou Fuzi wurde durch ein pharmazeutisches Konsortium monopolisiert (es produziert Injektionsflussigkeiten aus Aconitum fur Herzpatienten), gesponsert von der chinesischen Regierung. Vierzig Prozent wird von japanischen Krauterfirmen aufgekauft und nur die verbleibenden 10% des Ertrages (von einem Gebiet kleiner als 60 Morgen) kann von den lokalen Erzeugern erworben werden. Zusatzlich zu den nicht-traditionellen Verarbeitungstechniken ist diese geringe Menge an echtem Fuzi der wichtigste Grund dafur, dass das gegenwartig auf dem modernen Markt erhaltliche Aconitum von nicht-medizinischer Qualitat ist und daher haufig Nebenwirkungen verursacht. Wie die meisten Texte belegen, die Fallstudien des Altertums enthalten, ist traditionell verarbeitetes Fuzi aus Jiangyou nicht nur sicher in der Verwendung bei vielen chronischen Erkrankungen, sondern als ?Der Konig der 100 Krauter“ fur die klassische chinesische Krauterheilkunde unentbehrlich.

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Mianzhou (das heutige Mianyang in der Provinz Sichuan) ist die in der Antike ehemals Guanghan genannte Region. Ihr Gebiet ist in acht Verwaltungsbezirke eingeteilt, unter denen einzig in der Grafschaft Zhangming (dem heutigen Jiangzhou) Fuzi produziert wird. Zhangming besteht aus 20 Gemeinden von denen einzig Chishui, Lianshui, Huichang und Changming fur den Anbau dieser speziellen Feldfrucht geeignet sind. Das Ackerland aller vier Gemeinden umfasst insgesamt etwas mehr als 520 Qing (etwa 320 Morgen). 50% dieses Landes wird fur den Reisanbau abgezweigt, 30% wird fur Bohnen und andere Grundnahrungsmittel verwendet und nur 20% sind fur den Anbau von Fuzi reserviert. Die Gesamtproduktion aller 4 Gemeinden betragt 160.000 Katties (10 Tonnen) Fuzi [jahrlich]. Die Gemeinde Chishui produziert am meisten, gefolgt von Lianshui, wahrend Huichang und Changming nur sehr geringe Mengen zum Ertrag beisteuern.

In allen 4 Gemeinden bearbeiten die Bauern das fur den Anbau vorgesehene Ackerland indem sie die Felder zur rechten Zeit des Jahres saubern und es dann mit einer durcheinander gewurfelten Mischung aus Dill (Anethum graveolens), Hirtentaschel (Capsella bursa-pastoris) und Weizengras bepflanzen. Haben diese Dungepflanzen kraftig zu spriesen begonnen, werden sie samt Blattern, Wurzeln und allem anderen untergepflugt bis der Acker wieder vollig gereinigt erscheint. Erst dann werden die Aconitumsamlinge gepflanzt. Fur jedes Mu Land werden 10 Stuck Vieh gebraucht, die 50 Hu (etwa 450 Gallonen) an Dung als Dunger liefern. Ein 7 Cun (9 Zoll) breiter Rain wird Long genannt, ein 5 Chi (ca. 1,5 m) breiter Rain wird als Fu bezeichnet. Ist ein Feld vollstandig bestellt, besteht es aus 20 Fu und 1.200 Long. Fur die Berechnung [der Anzahl] der Long [Querraine] wird Fu als Feldrain [Langsrain] verwendet. Die Tiefe beider Raine ist gleich. Der Rest des [Acker]Landes besteht aus Graben zur Be- und Entwasserung. Hat die Fruhlingssonne ihre volle Kraft erreicht und ist die Bi-Konstellation erschienen (wahrend des Dritten Fruhlingsmonats: April), werden die Long- und Fu-Raine repariert und gegen den Regen gesichert, der das Gebiet zu dieser Jahreszeit uberschwemmt. Sind die Fruhjahrsregen voruber, die die Halme hoch aufschiesen lassen, werden Krauter und Graser als schutzende Bodendecker gepflanzt, um die schrittweise sich verstarkenden Sonnenstrahlen abzuhalten. Der fur diese Feldfrucht notwendige Arbeitsaufwand liegt 10mal hoher als fur andere Feldfruchte, gleichwohl entspricht der Jahresertrag ebenfalls dem Zehnfachen dessen, was andere Feldfruchte einbringen, vielleicht sogar mehr.

Gemeinsam pflanzen diese 4 Gemeinden mehr als 1.000 Hu (etwa 9.000 Gallonen) Samlinge an. Die besten Samlinge stammen aus den nahe gelegenen Gebieten Long’an, Longzhou, Qigui, Mumen, Qingdui und Xiaoping. Die Samlinge werden wahrend des 11ten Monats gepflanzt, beginnend mit der Wintersonnenwende. Geerntet werden die reifen Wurzeln kurz vor Ende des Herbstes, im 9ten Monat des Jahres (Oktober). Die Pflanzenstangel sehen aus wie die von wild wachsendem Beifus (Artemisia / Ai ), erscheinen aber glanzender. Ihre Blatter konnen mit denen von Baldrian (Valeriana / Dima) verglichen werden, obwohl sie fleischiger sind. Die Bluten sind violett, die Blatter sind gelb und der Stamm ist lang, gefullt und rund.

Die Qualitat der geernteten Wurzel hangt vollstandig von der Pflege ab, die der Pflanze wahrend des Anbauprozesses zu Teil wurde. Wohlhabende Personen erhalten immer Produkte hochster Qualitat, wahrend Arme sich die hochste Qualitat kaum leisten konnen. Manchmal wird die Pflanze wahrend des 7ten Monats geerntet, was zu einem Produkt fuhrt, das ?Fruhes Wasser“ genannt wird und dessen Wurzeln zu klein sind, um sich gut in eine geschlossene Faust zu schmiegen – es handelt sich hierbei um eine Form von Fuzi, die noch nicht ganz reif ist. Insgesamt birgt der Anbau von Fuzi [immer] die Angst minderer Qualitat in sich und es ist schwer, die Wurzel zu wirklicher Reife zu bringen. Manchmal sehen die Samlinge gut aus, aber die Schosslinge gedeihen nicht; oder die Schosslinge gedeihen, aber es bildet sich keine Wurzel; oder sie [die Wurzel] gart und verfault vor der Ernte im Boden; oder sie platzt auf und verformt sich; oder irgendwelche Lebewesen zerfressen sie. Es ist daher unter den Pflanzern ublich, den Himmlischen Geistern vor der Ernte ein Opfer zu bringen oder an die Geister der Pflanzen bestimmte Gesten und Gebarden zu richten.

Die Bearbeitung des geernteten Produktes beginnt zunachst mit seiner Fermentierung, wobei mit Wein gefullte Gefase verwendet werden, die in einem abgeschlossenen Raum untergebracht sind. Dort werden die Wurzeln fur einige Monate eingeweicht, bis sie zu garen beginnen und an Grose zunehmen [aufschwemmen]. Danach werden die Wurzeln aus ihrer Lake genommen und Sonne und Wind ausgesetzt bis sie vollig durchgetrocknet sind. Nach Entnahme der Wurzeln aus der Weinlake haben die grosten Stucke den Umfang einer mannlichen Faust. Wahrend des Trocknens schrumpfen sie zusammen und das Endprodukt passt in eine geschlossene Hand. Es ist selten, dass eine Wurzel das Gewicht von 1 Liang (40 Gramm) erreicht.

Insgesamt gibt es 7 Typen von Fuzi – alle entstammen derselben Mutterwurzel, gleichwohl ist ihre letztendliche Form unterschiedlich. Die Grundwurzel des ursprunglichen Samlings wird Wutou (Krahenkopf) genannt. Im Allgemeinen werden die Nachkommen, die sich seitlich der Grundwurzel bilden Fuzi (angehangte Nachkommen) genannt. Treibt ein gleich groses Paar [dieser Seitenwurzeln] rechts und links aus, heist es Lizi (Dreierwurzel). Treiben sie in besonderer Lange aus, nennt man dies Tianxiong (Himmlischer Mann). Bilden sich an ihnen harkige Spitzen, wird dies Tianzhui (himmlischer Pfriem, himmlische Ahle) genannt. Wachsen sie uber den oberen Ansatz der Mutterwurzel hinaus, wird dies Cezi (Richtungsfalscher / indirekter Wuchs) genannt. Treiben sie in allen Richtungen aus, nennt man dies Loulanzi (Nachkommen eines undichten Korbes). Allesamt sind sie [aber] mit der Hauptwurzel verbunden, wie ein Kind mit seiner Mutter verbunden ist, doch da der Name Fuzi zum geschatztesten unter ihnen wurde, werden sie jetzt alle Fuzi genannt, wahrend die anderen Bezeichnungen auser Gebrauch gekommen sind.

Pflanzt man einen Samling, der 6-7 Nachkommen hervorbringt, werden die geernteten Wurzeln klein sein. Erhalt man 2-3 Nachkommen, werden diese groser sein. Pflanzt man einen, der [nur] einen einzigen Nachkommen hat, so wird dieser besonders gros sein – das ist die Norm. Was die Form von Fuzi anlangt so werden diejenigen Wurzeln mit wenigen Ecken und Kanten und die ohne wegzurollen auf einer ebenen Oberflache zu liegen vermogen als die hochste Qualitat betrachtet. So genannte rattenbrustformige Wurzeln mit vielen Ecken und Dellen stellen die zweitbeste Qualitat dar und solche von missgebildeter Form, die brockelig sind oder wahrend des Anbauprozesses verletzt wurden bilden die niedrigste Qualitatsstufe. Was die Farbe angeht so werden Pflanzen mit weisen Bluten fur die besten angesehen, solche mit Bluten von brandig-rostiger Farbe bilden die zweite und solche mit blaugrunen Bluten die unterste Qualitat. Tianxiong, Wutou und Tianzhui halt man von hochster Qualitat wenn sie vollste Grose aufweisen, sodass eine Wurzelknolle nicht mehr in einer geschlossenen Hand Platz findet. Im Gegensatz dazu werden Loulanzi und Cezi im Allgemeinen des Zahlens fur Unwert befunden und an die Bettler verteilt.

Zusammen genommen gibt es in Shu (Sichuan) nur wenig Volks, das Fuzi regelmasig konsumiert. Einzig die Bevolkerung von Shaanpu (die heutige Provinz Shaanxi), die von Min (die heutige Provinz Fujian) und die von Zhe (heutige Provinz Zhejiang) haben die Verwendung von Fuzi zu einer regelmasigen Gewohnheit gemacht. Die Handler in Shaanpu achten darauf, eher minderwertiges Fuzi auf den Markt zu bringen. In Min und Zhe neigt man dazu, nur mittelmasiges Fuzi zu handeln und die hochste Qualitat im Allgemeinen an die Staatsbeamten (Mandarine) zu verkaufen. Der Adelsstand besitzt Geld und liebt das Ausergewohnliche und ist daher in der Regel nur mit grosen Wurzeln zufrieden. Ein medizinisch gebildeter Einwohner sagte [mir] einmal: ?Die kleinen Wurzel sollten tatsachlich vermieden werden, jedoch ist jedes Stuck, das mehr als ? Ling (20 Gramm) wiegt gut. Es ist nicht notwendig, nur jene seltenen zu suchen, die ein volles Liang ausmachen.“ – Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Das Shen Nong Bencao bemerkte einst: ? Fuzi wachst in den Talern von Qianwei (dem heutigen Leshan in Sichuan), sowie links des Yangzi (an den sudlichen Ufern der unteren Auslaufer des Yangzi-Flusses), im Suden des Berges Song (sudlich der Berge Hu und Zhongnan) und in der Region Qi und Lu (der heutigen Provinz Shandong).“ Meine Forschungen zeigen, dass in diesen Gebieten uberhaupt kein Fuzi wachst. Es handelt sich hier um einen klaren Fehler. Der Klassiker merkt weiter an: ?Wenn die Feldfrucht im Fruhling geerntet wird erhalt man Wutou und im Winter erhalt man Fuzi.“ – meiner Meinung nach ein riesiger Irrtum! Der Text setzt fort: ?Fuzi, das acht Ecken aufweist ist von bester Qualitat, die Ecken werden Cezi genannt.“ Dies ist ein noch viel groserer Irrtum und unterscheidet sich vollig von dem, was ich wahrend meiner Forschungen gelernt habe. Dies ist wahrlich ein Fall davon, dass ?Glaube in Bucherwissen ubler sein kann, denn gar keine Bucher zu besitzen.“ Alle obigen Aufzeichnungen entstammen meiner eigenen Feldforschung.

Fur mehr Information zu Aconitum und anderen Krautern oder Rezepturen besuchen Sie www.classicalpearls.org.

c Heiner Fruhauf
Deutsche Ubersetzung Markus Goeke 24.12.2010

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